Klingbeil zum Zollstreit: "Wir werden nicht alles mitmachen"

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil hat mit einer Warnung auf die neue Zoll-Drohung von US-Präsident Donald Trump reagiert. "Unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber wir werden nicht alles mitmachen", sagte Klingbeil der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn eine faire Verhandlungslösung nicht gelingt, dann müssen wir entschlossene Gegenmaßnahmen treffen, um Arbeitsplätze und Unternehmen in Europa zu schützen", sagt der SPD-Chef. Gegenmaßnahmen müssten "weiter vorbereitet werden".
Klingbeil: "Trumps Zölle kennen nur Verlierer"Der Vizekanzler bedauerte Trumps Ankündigung, ab dem 1. August Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Waren aus der EU zu erheben. "Trumps Zölle kennen nur Verlierer", sagte Klingbeil. "Sie bedrohen die amerikanische Wirtschaft mindestens genauso stark wie Unternehmen in Europa. Deshalb muss dieser Zollkonflikt beendet werden." Klingbeil forderte eine Deeskalation auf beiden Seiten.
Die EU setzt nach den neuen Zoll-Drohungen von Trump weiter auf Verhandlungen, schließt aber auch Gegenmaßnahmen nicht aus. Die vorbereiteten Gegenzölle für US-Produkte treten allerdings weiterhin nicht in Kraft. Die Aussetzung der Maßnahmen solle bis August verlängert werden, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. Die vorbereiteten Gegenmaßnahmen waren ursprünglich bis Montag ausgesetzt, an diesem Samstag hatte der US-Präsident neue Zölle gegen EU-Produkte von 30 Prozent ab August angedroht.
Reiche: Pragmatische Lösung verhandelnDer Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), forderte von der Leyen auf, robuster als bisher auf die Zolldrohungen aus den USA zu reagieren. "Trumps Brief ist eine Unverschämtheit", sagte Lange dem "Spiegel". "Die EU sollte jetzt unverzüglich die Gegenmaßnahmen in Kraft setzen, die sie bereits beschlossen hat", forderte er.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) äußerte derweil die Hoffnung auf ein "pragmatisches Verhandlungsergebnis". Es gehe für die EU darum, "pragmatisch eine Lösung mit den USA zu verhandeln, die sich auf die wesentlichen großen Konfliktpunkte konzentriert", erklärte sie. Für diesen Verhandlungsansatz habe die EU-Kommission die Unterstützung Deutschlands.
Macron pocht auf GegenmaßnahmenDer französische Präsident Emmanuel Macron äußerte seine "sehr starke Missbilligung" über Trumps Drohung. Die EU-Kommission forderte er auf, "energisch die europäischen Interessen zu verteidigen". Sie müsse nun mit allen Mitteln die Vorbereitung von "glaubhaften" Gegenmaßnahmen beschleunigen für den Fall, dass es bis August nicht zu einer Einigung komme.

Auch die deutsche Industrie reagierte höchst besorgt: Die von Trump angekündigten Zölle seien "ein Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks", erklärte Wolfgang Niedermark von der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er forderte Bundesregierung, EU-Kommission und US-Regierung auf, "jetzt sehr zügig in einem sachlichen Dialog Lösungen zu finden und eine Eskalation zu vermeiden".
Der US-Präsident hatte Anfang April einen Zollkonflikt mit Handelspartnern in aller Welt entfacht. Trump kündigte zunächst hohe Importaufschläge für die EU und zahlreiche Länder an, senkte diese dann aber auf einen Basissatz von zehn Prozent, um innerhalb einer 90-tägigen Frist Verhandlungen zu führen.
USA: Neuer Basiszoll gilt nicht für Autos und StahlDiese Frist verlängerte er am vergangenen Montag bis zum 1. August. Seitdem verkündete der Republikaner bereits mehr als 20 Ländern in Briefen, welche Zollsätze für sie ab diesem Datum gelten sollen. Für Kanada kündigte er beispielsweise zuletzt einen Zollsatz von 35 Prozent an.
Der angekündigte 30-Prozent-Zoll von Trump auf EU-Importe betrifft nach Regierungsangaben bestimmte Branchen nicht - darunter Autos und Stahl. Auf die Frage, ob Importaufschläge auf bestimmte Warengruppen wie Autos, Stahl und Aluminium ausgenommen bleiben, teilte das Weiße Haus auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: "Korrekt, sektorale Zölle werden separat behandelt und nicht kumuliert." Bislang belegen die USA importierte EU-Autos und -Autoteile mit einem Zollsatz von 25 Prozent, bei Stahl und Aluminiumeinfuhren sind es 50 Prozent.
pg/pgr (dpa, afp, rtr)
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